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schreiben über ihre gesammelten Projekterfahrungen.
Die Geschäftswelt unterliegt ständigen Veränderungen und Unternehmen stehen vor der Herausforderung, ihre Abläufe kontinuierlich zu optimieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Prozessmanagement und Prozessautomatisierung sind Schlüsselbegriffe, die immer häufiger in diesem Zusammenhang auftauchen. In diesem umfassenden Blogartikel werde ich die Bedeutung von Prozessmanagement und Prozessautomatisierung aufzeigen und wie eine Process -Engine, wie die Camunda-Plattform, Unternehmen dabei unterstützt, ihre Effizienz und Agilität zu steigern.
Prozessmanagement ist eine systematische Methode, bei der Unternehmen ihre Geschäftsprozesse analysieren, optimieren und überwachen, um Effizienz und Qualität zu steigern. Hauptsächliches Ziel ist es, Abläufe effektiver zu gestalten, Ressourcen zu optimieren und die Kundenzufriedenheit zu erhöhen. Doch auch die reine Dokumentation, insbesondere in regulierten Branchen wie z.B. Banken und Versicherungen, ist ein valides Anwendungsfeld.
Der ganzheitliche Ansatz des Prozessmanagements umfasst mehrere Schritte und ist in der Praxis teilweise deutlich schwieriger umzusetzen als es wirken mag:
Der erste Schritt besteht darin, (alle) Geschäftsprozesse zu identifizieren, die in einem Unternehmen ablaufen. Dies kann sämtliche Bereiche umfassen, von der Auftragsabwicklung bis zur Kundenbetreuung.
Dieser Schritt verschlingt zwar viel Zeit und erfordert viel Arbeit, hilft dem Unternehmen mittel- bis langfristig aber in vielen Belangen. So kann eine Prozessidentifikation, -aufnahme und -dokumentation zum Beispiel beim Onboarding neuer Mitarbeiter helfen oder um Abhängigkeiten im Unternehmen aufzudecken. Je nach Branche kann es zudem weitere Vorteile bezüglich der Transparenz für Accounting, Controlling, Compliance und viele weitere Abteilungen mit sich bringen.
Sobald die Prozesse identifiziert sind, werden sie gründlich analysiert. Dies hilft, Schwachstellen oder Engpässe und Redundanzen zu erkennen und Verbesserungsmöglichkeiten zu identifizieren. Je nach Fokus können in diesem Schritt sowohl fachliche Schritte als auch technische Abläufe und Schnittstellen identifiziert werden. Oftmals werden, sofern die technischen Abläufe nicht skizziert werden, zumindest die Systeme aufgenommen, in denen die Prozesse stattfinden.
Basierend auf den Erkenntnissen aus der Analyse werden die Prozesse, je nach Fokus der Prozessgestaltung, neugestaltet. Das häufigste Ziel ist es, Abläufe effizienter und effektiver zu gestalten. Dies kann die Neuordnung oder Neuzuweisung von Aufgaben, die Einführung neuer Technologien sowie die Anpassung von Richtlinien und Verfahren umfassen. Im Falle einer Prozessdigitalisierung und -automatisierung wäre dieser Schritt die Umsetzungsphase dazu. Jedoch muss ein Prozess nicht sofort automatisiert werden. Manchmal hilft es bereits, die Aufgaben neu zu ordnen, um eine Effizienzsteigerung zu erzielen.
Wichtig bei der Prozessgestaltung ist es, die Chance zu nutzen und offensichtliche Fehler und Ineffizienzen bereits in diesem Zuge auszuräumen. Denn um es mit einem Zitat von Thorsten Dirks (ehemaliger CEO Telefónica Deutschland) zu sagen: „Wenn Sie einen Scheißprozess digitalisieren, dann haben Sie einen scheiß digitalen Prozess.“
Nach der Umgestaltung der Prozesse ist eine kontinuierliche Überwachung erforderlich, um sicherzustellen, dass sie wie geplant funktionieren. Dies beinhaltet die Verfolgung von Leistungskennzahlen und, falls der Prozess digitalisiert wurde, die Identifizierung von Problemen in Echtzeit. Generell ist eine Prozessüberwachung deutlich einfacher, wenn der Prozess digitalisiert wurde. Datenerfassung von analogen Prozessen ist mit sehr viel Aufwand verbunden, bei gleichzeitig deutlich reduzierter Genauigkeit der Daten.
Der letzte Schritt im Prozessmanagement besteht darin, die Prozesse auf Basis der Erkenntnisse aus der Analyse kontinuierlich zu optimieren. Dies kann durch den Einsatz von Automatisierungstechnologien, die Schulung von Mitarbeitern oder die Anpassung bestehender interner Richtlinien und Handlungsvorgaben an sich ändernde Marktbedingungen erreicht werden.
Prozessautomatisierung ist ein entscheidender Bestandteil des Prozessmanagements und bezieht sich auf die Verwendung von Technologie, um wiederkehrende Aufgaben zu automatisieren und Prozesse somit zu voll- oder teilautomatisieren. Dies führt für gewöhnlich zu einer erheblichen Steigerung der Effizienz, Reduzierung menschlicher Fehler und einer beschleunigten Prozessdurchführung. Die bereits aufgeführten Schritte sind dafür von elementarer Bedeutung. Am besten ist es den ganzen sogenannten Lifecycle des Prozesses zu betrachten. So bringt es beispielsweise nur bedingt etwas, einen Antragsprozess zu digitalisieren, wenn die Anträge nachfolgend zur Bearbeitung ausgedruckt werden und im schlimmsten Fall, für eine händische Unterschrift, an den Antragssteller zurückgesendet werden müssen. Das genannte Szenario ist leider nicht ausgedacht, sondern in der Realität tatsächlich so vorgekommen.
Wichtig bei Prozessautomatisierungen ist es auch, möglichst alle Stakeholder zu identifizieren, um Entscheidungen abzustimmen, Praxiserfahrungen zu erhalten oder um den vollen Umfang der Auswirkungen besser zu verstehen. Auf welche Lösung man bei der Automatisierung setzt hängt von vielen Faktoren ab, die ich aufgrund des Umfangs in diesem Blogartikel nicht näher beleuchten werde. Zusammenfassend kann man jedoch sagen, je öfter ein Prozess durchgeführt wird und je wichtiger er für das Unternehmen ist, desto eher sollte man eine umfassende stabile Automatisierungslösung umsetzen.
Ein Tool für die Automatisierung und Orchestrierung von Prozessen will ich im Folgenden kurz beleuchten: Camunda. Der Anbieter stellt eine leistungsstarke Open-Source-Plattform für Workflow- und Prozessautomatisierung, -digitalisierung und -orchestrierung. Sie bietet eine Vielzahl von Funktionen, die Unternehmen dabei unterstützen, ihre Geschäftsprozesse end-to-end zu optimieren und effizienter zu gestalten. Dabei ist die Plattform nicht nur sehr flexibel und kann an verschiedene Branchen und Anwendungsfälle angepasst werden. Camunda ist auch äußerst skalierbar und somit für die Anforderungen von Unternehmen jeder Größe geeignet.
Camunda Prozesse
Camunda bietet eine benutzerfreundliche grafische Oberfläche, mit der der Anwender komplexe Workflows in BPMN 2.0 (Business Process Model Notation) intuitiv modellieren kann. Dies ermöglicht eine klare Darstellung der Prozessabläufe. Wenn zur fachlichen Dokumentation ein anderes Tool verwendet wird, kann man die Prozesse importieren, sofern diese in BPMN-Form vorliegen. Manche Anbieter stellen darüber hinaus eine Schnittstelle zur Verfügung, über die Prozesse an Camunda gesendet werden können.
BPMN ist ein Modellierungsstandard, welcher derzeit in der zweiten Spezifikationsversion vorliegt, weshalb er zusätzlich mit “2.0” benannt ist. Herausgegeben und entwickelt wird dieser Standard von der OMG (Object Management Group), welches ein Konsortium ist, das sich mit der Entwicklung von Standards für die herstellerunabhängige systemübergreifende objektorientierte Programmierung beschäftigt.
Der Vorteil von BPMN ist, dass sowohl technisch als auch fachlich die Rahmen bezüglich Bedeutung und Verwendung klar definiert sind. Es gibt natürlich mehrere Wege, um einen Prozess grafisch darzustellen, wie es auch in gesprochenen Sprachen mehrere Wege gibt, etwas auszudrücken. Des Weiteren befindet man sich bei BPMN auf eine Detailierungsebene, die sowohl fachlich als auch technisch verwendbar ist. Somit hat man eine klare Kommunikation zwischen Fachbereich und IT. Während die genauen textuellen Spezifikationen über 500 Seiten füllen, reicht es für den Fachbereich meist aus, einige wenige Symbole und deren Beziehungen zueinander zu kennen, um einen Prozess verstehen zu können.
Die Plattform ermöglicht die Orchestrierung bis hin zur Automatisierung von Prozessen, je nachdem wie die Vorgaben sind. Vereinfacht gesagt werden die Aufgaben entweder von einem Menschen erledigt oder von einer Maschine. Das Tool kann beides umsetzen. Zusätzlich kann es mithilfe von DMN (Decision Matrix Notation) Entscheidungen auf Basis von Inputfaktoren treffen. Diese müssen im Vorfeld klar definiert sein. Als Beispiel kann man einen KFZ-Versicherungsantrag eines 18-jährigen für einen Porsche RS2 ablehnen bzw. aussteuern, da man intern beschlossen hat, dass das Risiko eines Schadeneintritts zu groß ist. Oder einen Darlehensantrag eines 90-jährigen Antragsstellers über eine 90% Beleihung. Wie man mit solchen „Spezialfällen“ im Unternehmen umgeht, kann je nach Unternehmenspolitik unterschiedlich sein. Wichtig ist jedoch, die Bearbeitung von Geschäftsfällen kann, je nach Sachlage und der bekannten Daten, unterschiedlich ablaufen.
Camunda lässt sich mithilfe von Schnittstellen sehr gut in eine bestehende Systemlandschaft integrieren. Ein Prozess kann beispielweise auch durch mehrere Systeme unterbrochen werden und auf Basis des Feedbacks der Systeme wieder fortgeführt werden. Beispielweise „Frage im CRMSystem, ob Kunde XY bereits ein Kundenkonto hat. Wenn nicht dann lege auf Basis der vorhandenen Daten ein Konto an und sende ihm Brief A38 zu.“
In der aktuellen Version Acht von Camunda wurde die Nutzbarkeit solcher Integrationen deutlich vereinfacht: Es können vorgefertigte Templates angelegt werden, die beispielsweise von Citizen Developern dann ausgewählt werden können. Es erinnert stellenweise sogar an ein Low-Code Tool, wodurch der potentielle Nutzerkreis stark ausgeweitet wird.
Die Plattform bietet Echtzeitüberwachung und -analyse von laufenden Prozessen. Dies ermöglicht es Unternehmen, Probleme sofort zu erkennen und Maßnahmen zu ergreifen, um Engpässe oder Verzögerungen zu vermeiden. Grafisch kann dies mit einer sogenannten “Heat Map” dargestellt werden, wodurch man optisch schnell erfassen kann welche Prozessschritte langsamer ablaufen als andere und möglicherweise auch ein Nadelöhr darstellen.
Camunda wird bereits von vielen großen Konzernen verwendet. Die deutsche Telekom orchestriert im ersten Schritt im Zuge einer Frontend-Automatisierung ihre 2500 RPA-Bots (Robot Process Automation - Software Roboter die Interaktion auf der Benutzeroberfläche Befehle ausführen können wie ein Mensch) und konnte ihre Erfolgsquote, also die erfolgreichen Prozessdurchführen mit Hilfe von Bots, auf ca. 90% steigern. Im zweiten Schritt ist eine komplette Backend-Automatisierung angedacht.
Zalando nutzt Camunda, um den gesamten Bestellprozess abzuwickeln, inklusive Couponabwicklung, Zahlungsinitiierung, Lagerhaltung und Synchronisation mit dem ERP-System.
Es gibt noch viele weitere Use-Cases, aber zusammenfassend kann man sagen, dass jeder logische Prozess, und ein Geschäftsprozess sollte dies generell sein, damit digitalisiert und auch automatisiert werden kann.
Obwohl Prozessmanagement und Prozessautomatisierung erhebliche Vorteile bieten, sind sie nicht ohne Herausforderungen. Neben dem Aufwand zunächst alle Abläufe zu identifizieren und zu dokumentieren, müssen sich Unternehmen bei der Digitalisierung unter anderem mit Datenschutz- und Sicherheitsfragen, der Schulung von Mitarbeitern und der kontinuierlichen Anpassung an sich ändernde Geschäftsanforderungen auseinandersetzen. Dennoch sind die Vorteile in Bezug auf Effizienz, Agilität und Transparenz enorm. Insbesondere in Zeiten, in denen Mitarbeiter , welche repetitive Arbeiten verrichten sollen, schwer zu finden und kostenintensiv sind und durch die eintönigen Arbeitsabläufe noch schwerer zu halten sind. Die Ausweitung von Global Big Playern auf andere Geschäftsfelder und somit auch der Druck auf die Kostenstruktur, tragen das restliche dazu bei, dass Digitalisierung und Automatisierung für viele Unternehmen unausweichlich sind.